Ein Zuhause auf Zeit

"Bienvenidos al Lucky's Hostel" - Was es mit diesem Satz auf sich hat und weshalb Beni nun Meister im Rührei zubereiten ist, dies und mehr in diesem Blog.

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Pucón, ein kleine Stadt am Ufer des "Lago Villarrica" ist unser Zuhause für ungefähr 6 Wochen. Im Sommer (also Dezember bis Februar) herrscht hier anscheinend Hochbetrieb und der Ort sei ziemlich überlaufen von nationalen und internationalen Touristen. Davon ist es aber aktuell noch weit entfernt. Der Ort erwacht langsam vom Winterschlaf, die Restaurants und Tourenanbieter öffnen nach und nach ihre Tore und die Hotelübernachtungen nehmen langsam zu. Insebsondere die Hotelübernachtungen bestimmen unsere kommende Zeit.

"Bienvenidos al Lucky's Hostel", die gitl für die nächsten 6 Wochen. Diese verbringen wir im "Lucky's Hostel" (booking), ein familiäres Hostel mitten im Städtchen. Wir sind aber hier nicht blos zum Plausch, nein, wir werden hier arbeiten. Es ist länger her, seit wir zuletzt gearbeitet haben, vielleicht freuen wir uns auch deshalb sehr darauf. Als Volontäre greifen wir der Besitzerfamilie unter die Arme, welche während unseres Aufenthaltes ihr zweites Kind begrüssen darf, eine aufregende Zeit!

Mehrere rustikale Holzhäuser stehen auf dem gepflegten Gelände, wo wir viel Zeit verbringen in diesen Wochen. Die beiden Hunde Lava und Lucky sind stets zur Stelle und freuen sich immer über eine Kuscheleinheit. Zu Beginn unseres Aufenthalts steht die Anspannung im Raum, wann wohl das Kind das Licht der Welt erblickt, denn der Weg ins Krankenhaus dauert 1.5 Stunden, da will man rechtzeitig abfahren. Auch deshalb werden wir schnell in jenste Tätigkeiten des Hostelbetriebs eingeführt wie Frühstück bereitstellen, Check-in, Check-out, Gastgebersein und Informationen weitergeben über Ort und Umgebung. Bald wissen wir theoretisch sehr viel über die Region, praktisch entdecken wir nach und nach die Schönheiten um Pucón. Ganz zu unserer Freude wird Frühstücken hier gross geschrieben. Frisches selbstgemachtes Brot, Marmelade aus Eigenproduktion und täglich frische Muffins und Rührei gehören u.a. zum Buffet, welches wir den Gästen anbieten. Das Beste, wir dürfen dieses Buffet ebenfalls geniessen, und das tun wir auch! Ausserdem legen die Besitzer viel Wert auf einen freundlichen, interessierten Umgang mit den Gästen. So soll ein guter Schwatz stets drin liegen. Eine gute Übung für unsere Spanisch Kenntnisse. Ca. 50% der Gäste stammen aus Chile, die andere Hälfte aus aller Welt wie z.B. Brasilien, Deutschland, Schweiz, Israel, Frankreich, Südkorea usw. Wir lernen einiges über das Ferienverhalten unterschiedlicher Kulturen, auch wenn man dies natürlich nicht generalisieren kann.

Der Frühstücksbetrieb ist unsere Hauptverantwortung. Nach kurzer Einarbeitung dürfen wir dies selbständig durchführen und freuen uns über die langsam steigenden Besucherzahlen. Die Saison steht in den Startlöchern. Es macht Spass, verschiedene Leute aus aller Welt zu treffen und mit ihnen über dies und das zu plaudern, stets den Vulkan Villarrica im Blick, das Wahrzeichen des Ortes. Seines Zeichens einer der aktivsten Vulkane auf dem Kontinent. Während unseres Aufenthalts steigt die Aktivität und die Warnstufe wird von grün auf gelb erhöht. Kein Grund zur Panik, jedenfalls nicht für uns, denn in erster Linie bedeutet dies, dass der Berg nur noch bis auf 500m unter dem Gipfel bestiegen werden darf, sehr zum Unmut der hiesigen Agenturen. Verständlicherweise, nach 2 Jahren in denen diese wohl stark unter Corona gelitten haben, wäre ihnen eine erfolgreiche Saison zu gönnen. Die Besteigung des Berges ist die Hauptattraktion der Region. Nicht wenige kommen nur deshalb hier hin. Zum Glück haben wir den brodelnden Vulkan noch während der grünen Phase bestiegen. Dazu folgt ein spezifischer Eintrag, aber eins vorneweg, es war ein super Ausflug!

Eines Tages dann geht es los. Die Familie verabschiedet sich ins Krankenhaus und wir bleiben zurück. Da gerade keine Reservationen vorhanden sind, wird das Hostel für zwei Tage geschlossen und wir kriegen frei. Wir nutzen die Tage um eben diesen Vulkan zu besteigen und die Umgebung zu erkunden. Es gibt viel zu sehen. Unzählige Wasserfälle, der See, mehrere Nationalparks, tausende heisse Quellen und schöne vulkanische Landschaften. Ausserdem optimieren wir einige kleine Dinge an und in unserem Auto, bringen unsere Fotos up to date und kümmern uns um die nächsten Reiseetappen. Warme Dusche und ein Dach über dem Kopf sind ein wahrer Luxus, welchen wir sehr geniessen. Zu unserer Freude dürfen wir während dieses Aufenthalts beobachten, wie der Frühling einkehrt, die Bäume grünen und vor allem die Temperaturen steigen. Irgendwie irritierend für den Biorhythmus, was sich z.B. darin äussert, dass Sara immer Lust hat auf Kürbissuppe, dabei startet hier die Spargelsaison. Und habt ihr euch jemals überlegt, dass die Menschen auf der südlichen Hemisphäre bis anhin immer im Winter Fussball Weltmeisterschaft schauen mussten?! Solche Dinge fallen uns nun auf...

GUT ZU WISSEN
Wenn man in Chile als Reisender (Ausländer) für die Unterkunft bar bezahlt, müssen die Steuern von 19% nicht bezahlt werden. Es lohnt sich also, die Karte stecken zu lassen...

Das neue Familienmitglied kehrt wohlauf nach Hause zurück und wir versuchen mit unserem Engagement, die Familie so gut wie möglich zu entlasten. Wir sind uns immer wieder bewusst, welch Luxus dass es ist, einfach so viel Zeit zum Reisen zu haben und dadurch verspüren wir auch keinen Druck, sofort wieder aufzubrechen. Im Gegenteil, im Endeffekt bleiben wir zwei Wochen länger als geplant, was auch ausdrückt, wie wohl wir uns an diesem Ort fühlen. Nebst dem kulinarisch hochstehenden Frühstück verköstigen uns die Besitzer mit leckerer Pizza, welcher der echten italienischen in nichts nachsteht, wir kommen in den Genuss einer ausgiebigen Grillade und natürlich dürfen die "Completos" nicht fehlen, ein weiterer Stolz der Chilenen. Eigentlich einfach ein Hot-Dog, meist mit viel Mayonnaise, Tomaten und Avocado, auch "Completo itataliano" genannt (ein Hoch auf die Farbkombination). Ganz zu unserer Freude finden wir im Städtchen eine Kaffeeoase. Ohne Charm aber mit leckerem Kaffee und Desert. Keine Ahnung, wie viele Tassen wir dort getrunken haben in dieser Zeit.

So vergehen die Wochen an diesem friedlichen Ort im Nu und die Weiterreise rückt näher. Obwohl wir diese Zeit sehr genossen haben und neue Fähigkeiten erwerben durften (Beni macht nun die besten Rühreier der Welt; Sara die Muffins) sind wir nun parat für den nächsten Abschnitt. In den letzten Tagen vor Ort lernen wir noch unsere Nachfolger kennen, welche nun mit vollem Einsatz das Frühstück servieren. Wir verabschieden uns vom Hostel und Leuten und fahren Richtung Patagonien, was nun wirklich vor der Tür liegt, und darauf freuen wir uns. Liebes Lucky's Hostel, es war schön bei euch und falls jemand jemals in Pucón zu Besuch ist, wir können den Ort nur empfehlen!