Im hohen Norden

Wer dachte, Reis- und Teefelder sind nur in Südostasien zu finden, der täuscht sich. Taucht mit uns ein in die "grüne Lunge" des Landes, denn der Iran bleibt eine Wundertüte bis zum Schluss!

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Die Berge des Elbrus Gebirges trennen Teheran vom kaspischen Meer und bilden eine natürliche Barriere der Vegetationszonen. Herrscht im Süden trocken karge Wüsteneinöde, so findet sich im Norden üppiges Grün mit Tee- und Reisfeldern. Es reizt uns, nochmals eine neue Region des Irans zu entdecken, bevor wir für einen Zwischenhalt in die Schweiz zurückkehren. So packen wir unsere Rucksäcke mit dem Nötigsten und besteigen den Bus nach Qazvin. Die Fahrräder dürfen wir netterweise bei unseren Bekannten und Hosts in Teheran stehen lassen. Einmal mehr eine angenehme Busfahrt parallel zu eben diesem Elbrus Gebirge. Qazvin ist eigentlich nur Zwischenhalt, begeistert uns aber mit einer schön umgebauten Karawanserei welche nun mit Kaffees und kleinen Shops zum verweilen einlädt.

Unser eigentliches Ziel ist das Alamut Tal. Dieses ist eher schlecht erschlossen mit dem ÖV, doch glücklicherweise lernen wir am Busbahnhof einen Holländer kennen, welcher das gleiche Ziel hat, so dass wir uns ein Taxi teilen können. Dies ist dann auch mehr eine Tour als Taxifahrt, denn der Fahrer hält an mehreren Stellen für Fotostopps und erzählt viel über die Region. Interessante Geschichten, einige erscheinen unser eher etwas absurd aber nun gut. Beim Alamut Schloss verabschieden wir uns von unseren Genossen, denn wir bleiben für zwei Tage. Die einzige geöffnete Unterkunft im Dorf ist solid, überzeugt aber nicht gerade durch Preis/Leistung. Leider haben wir das Zelt in Teheran gelassen und deshalb bleibt uns keine Alternative.

Wegen des Schlosses kommen einige Besucher in die Region, nur gut wussten wir bereits im vorneherein, dass allein diese Ruine den Besuch nicht wert ist. Ausser ein paar Mauern und viel Gerüsten ist kaum etwas zu sehen. Mit viel Vorstellungskraft kann man kann man sich ein Bild machen, wie früher eine imposante Burg auf dem freistehenden Felsen thronte und sich teils grausame Szenen abspielten, denn in der Region waren früher die Assassinen zuhause. Im Gegensatz zur Burg ist die Landschaft atemberaubend und der Hauptgrund unseres Besuches. Am nächsten Tag machen wir eine Wanderung über eine der Hügelketten und geniessen die Abgeschiedenheit. Beste Temperaturen und blühende Blumen und Büsche machen den Tag perfekt. Auf dem Weg zurück nach Qazvin versuchen wir uns wieder einmal beim trampen. Dies gestaltet sich als relativ einfach, im Verhältnis zum Verkehr. Während Sara eher schnell die Geduld ausgeht und sie bald schon am Vorhaben zweifelt, lohnt sich Benis Ausharren und wir schaffen die mehrstündige Reise zurück ohne grössere Probleme. Beste Unterhaltung bietet unsere letzte Mitfahrgelegenheit. Bevor wir überhaupt ins Auto der Frau mit ihrem Sohn steigen dürfen, müssen wir die Rucksäcke öffnen zur Kontrolle, ob wir keine Waffen mitführen. Durch die Klänge von Britney Spears begleitet (wir fühlen uns in unsere Teenagerjahre zurückversetzt) kurven wir durch die Berge und grüssen währenddem mehrfach die Follower der Fahrerin, für welche sie haufenweise Videos aufnimmt während der Fahrt. Beste Unterhaltung bei eher mässigem Fahrstil...

Der nächste Stopp ist eine Ecolodge in der Nähe von Rast, wobei Ecolodge wenig mit Umwelt oder ähnlichem zu tun hat, sondern in erster Linie ein Hotel auf dem Land ist. Wir werden von der Besitzerfamilie herzlich begrüsst mit Limonade und Kuchen und während unseres Aufenthalts bestens versorgt. Der Herr des Hauses ist auch gleich unser Taxifahrer zu den Ruinen von Qaleh Rudkhan. Wir sind definitiv in dieser grünen Küstenregion angekommen. Nachdem wir durch Landschaften mit vielen Reisfeldern chauffiert werden, wandern wir den dicht bewaldeten Berg hoch zur Ruine. Eine schweisstreibende Sache bei diesem feucht-heissen Klima. Oben angekommen fühlt man sich wie bei "Asterix in der Trabantenstadt". Die Ruinen werden langsam von der Natur zurückerobert, so dass man sich wie ein Entdecker fühlt zwischen Büschen, Bäumen und Schlossruinen. Verlässt man den Haupteingang, ist man auch schon weg von den Touristenströmen, welche sich fast nur aus Iranern zusammensetzen. Diese haben wieder einmal einen Feiertag (es scheint ziemlich viele davon zu geben), weshalb es viele Leute aus Teheran in diese Region zieht.

Wenn wir schon touristische Attraktionen besuchen, dann richtig. Also fährt unser Fahrer uns noch nach Masuleh, anscheinend eines der schönsten Dörfer des Landes (immer diese Superlativen...). Unsere Erwartungen sind immer bescheiden bei solchen Aussagen, jedoch mag das Dorf positiv überraschen. Tatsächlich haben die kleinen Häuschen am Hang gebaut Charm und die Gassen laden zum bummeln ein.

Nach diesem Ausflug reisen wir weiter in Richtung Ramsar wo wir in der Ecolodge Gileboom übernachten, welche den Titel "Ecolodge" auch verdient. Sie versuchen immer nachhaltiger zu wirtschaften und die Lodge ist umgeben von einem üppigen Garten. Der perfekte Ort zum Erholen, denn die Anreise war leider nicht sehr erholsam. Wir reisen mit einem Sammeltaxi, wo der Preis am Anfang definiert wird. Leider kommt es bei der Bezahlung zu einer Auseinandersetzung mit dem Fahrer und wir werden betrogen, da wir uns aufgrund der Sprachkenntnisse nur mässig wehren können. Sehr ärgerlich, weniger aufgrund des Geldbetrages sondern eher aufgrund des Verhaltens des Fahrers. Lieber würde man das Geld ehrlichen Leuten geben, aber nun gut. Es bleibt der einzige Vorfall in diesem Land, wo wir uns sonst komplett sicher fühlen und stets auf die Hilfe der Einheimischen zählen dürfen.

Wir unternehmen einen letzten Ausflug auf einen Aussichtshügel und tauchen dabei mitten in die iranische Ferienkultur ein. Alles wird fotografiert, jede Attraktion wird ausprobiert und das obligate Picknick darf nicht fehlen. Nicht unsere Art von Ferien aber durchaus unterhaltsam. Und nicht zu vergessen, ein historischer Moment in unseren Leben. Wir sind das erste Mal am Kaspischen Meer.

Am nächsten Tag steigen wir erneut in einen Bus, den uns die freundlichen Besitzer des Hotels organisiert haben, damit diesmal sicher alles klappt. Durch den überbauten Küstenstreifen (definitiv keine sehenswerte Strandregion) mit den grünen Hügeln im Hintergrund, gespickt mit Reisfelder wie man es aus Südostasien kennt zurück in die karge sandfarbene Wüstenregion fahren wir langsam Teheran und vor allem dem Ende unseres ersten Reisejahres entgegen. Wir sind zurück im alltäglichen Verkehrschaos der Grossstadt, wo wir noch zwei Tage verweilen. Wir erledigen letzte Vorbereitungen für die Heimreise, verpacken Fahrräder und Gepäck in Kartons und geniessen die Zeit mit unserer Hostfamilie, welche uns einmal mehr mit herrlichem Essen beschenken. Ein letztes Mal werden wir durch die Strassen der Hauptstadt gefahren in Richtung Flughafen. Iran du hast uns begeistert, manchmal über- und herausgefordert und uns viele neue Seiten gezeigt fern von den medialen Schlagzeilen. Ein unglaublich facettenreiches Land, dass lässt sich jetzt schon sagen, obwohl wir verhältnismässig nur eine kleine Fläche bereist haben. Und wie uns bereits im Vorfeld prophezeit wurde, es geht nichts über die Gastfreundschaft der Menschen hier.

So bleibt uns noch eins zu sagen im Namen vieler Iraner, denn dieses Anliegen wurde uns immer wieder ans Herzen gelegt.  Wir sollen Zuhause vom Iran und vor allem von den Menschen erzählen, wie schön es sei und wie freundlich die Menschen, und dass die Nachrichten, welche in den Medien zu lesen sind, längst nicht die Gesamtbevölkerung repräsentieren. Diese Bitte erfüllen wir gerne und wir werden auch in Zukunft von all diesen schönen Erlebnissen berichten.