In Eigenregie auf den Villarrica
Einmal rauf laufen und runterrodeln bitte, dies der Plan am Vulkan Villarrica. Nur einige Wochen bevor der Zustieg aufgrund erhöhter vulkanischer Aktivität geschlossen wird, erklimmen wir den Gipfel.
Es ist DER Vulkan in Pucón, der Villarrica. Der kegelförmige Berg ragt majestätisch in den Himmel, an manchen Tagen mit einer kleinen Rauchwolke. Viele Besucher reisen nur hierher, um diesen Gipfel zu erklimmen. Wir sind nicht nur deswegen hier, aber wollen uns diesen Leckerbissen natürlich nicht entgehen lassen. Die Strassen sind gesäumt mit Agenturen, welche alle mit dem Gipfelglück locken, doch wir wollen es auf eigene Faust versuchen.
Technisch ist der Berg wenig anspruchsvoll und daher sollten unsere Kenntnisse ausreichen. Um ohne Bergführer den Gipfel zu besteigen, muss man bei der lokalen Parkbehörde der Conaf vorbei und eine Erlaubnis beantragen. Diese wird nur dann erteilt, wenn man seine Erfahrung im alpinen Bereich belegen kann. Durch unsere Mitgliedschaft im SAC (Schweizer Alpenclub) erhalten wir diese Erlaubnis ohne Probleme. Ein erster Schritt ist getan.
Dank der Beliebtheit vor Ort ist es einfach, ein Geschäft zu finden, um das fehlende Material zu mieten. Ohne Steigeisen, Helm, Bergschuhe und Pickel wird man nämlich nicht in den Park gelassen, wo sich der Vulkan befindet. Da er zum Zeitpunkt unserer Besteigung vermehrt Rauch und Asche speit, empfiehlt sich ausserdem eine Atemschutzmaske.
Nach intensiver Vorbereitung mit mittelmässig gutem Kartenmaterial und dem passenden Wetterfenster machen wir uns in der Frühe auf den Weg. Die Fahrt zum Parkeingang dauert ca. 40min. Vor 7 Uhr wird niemand in den Park hineingelassen. Beim Eingang wird unser Material und die Erlaubnis kontrolliert sowie die Parkgebühren beglichen. Danach geht es über eine rumplige Piste weiter bis an den Fuss des Berges. Wir haben bis zum Schluss nicht genau herausgefunden, welcher der zwei Zugänge geeigneter ist und haben uns schlussendlich für den entschieden, welcher uns der Parkwächter am Empfang empfohlen hat. Nichts ahnend, dass wir uns so für die längere Route entschieden haben, machen wir uns bei perfekten Bedingungen an den Aufstieg. Wir sind natürlich nicht die einzigen, diverse Gruppen sind ebenfalls unterwegs. Wer die Einsamkeit am Berg sucht ist hier definitiv falsch, aber dessen waren wir uns bewusst. Daraus resultiert der Vorteil, dass wir nicht ständig selber spuren müssen, was viel Energie spart im sulzigen Schnee. Gestartet sind wir zwar noch ohne Schnee, doch nach ca. 40min erreichen wir bereits die Schneegrenze. Schritt für Schritt steigen wir den Berg hoch, überholen immer mal wieder ein Gruppe und wenn uns etwas Luft bleibt, geniessen wir die Aussicht. Der Aufstieg zieht sich, den Kraterrand hat man stets vor Augen, er scheint so nah und ist doch so fern. Nach 3/4 Aufstieg montieren wir die Steigeisen, da der oberste Bereich etwas eisig ist. Nach 5,5h erreichen wir zufrieden den Gipfel und werden mit einer perfekten Rundumsicht belohnt. Aber noch viel besser ist der Blick in den brodelnden Krater. Man sieht zwar keinen Lavasee, aber durch die erhöhte Aktivität haben wir das Glück, spritzendes Lava zu sehen, keine Selbstverständlichkeit, auch die Guides sind begeistert vom Spektakel. Weht der Wind in unserer Richtung leistet die Maske gute Dienste, denn die giftigen Dämpfe sind keine Freude für unser zuverlässiges Atemorgan. Die Freude ist gross über das Erreichen des Gipfels, aber das insgeheime Highlight ist der Abstieg, welchen man eher Abfahrt nennen sollte. Typischerweise fährt man nämlich mit dem "Füdlibob" den Hang runter. Da noch winterliche Konditionen herrschen umso besser, denn man kann praktisch bis zum Anfang auf dem Hosenboden rutschen. Netterweise instruieren uns die Guides der Gruppen über die Handhabung von "Füdlibob" und Pickel, so dass wir gut vorbereitet in die Abfahrt starten. Ein grosses Vergnügen! Die 5,5h Aufstieg haben wir in 1,5h Abfahrt hinter uns gebracht und es ist ein grosses Gaudi. Zurückversetzt in die Zeit, als wir noch als Kinder die Hänge runter gerodelt sind, machen wir nun Schlitteln für die Grossen, was bedeutet, einen ganzen Vulkan hinunter zu düsen.
Die letzten Meter müssen wir noch mal zu Fuss bewältigen, da dort kein Schnee liegt. Wer den anderen Zustieg wählt kann bis zum Auto rodeln. Nach diesem Spass sind stellen diese paar Meter aber kein Problem dar. Müde und glücklich erreichen wir den Parkplatz, verladen das Material und reisen zurück nach Pucón.
Die Besteigung dieses Villaricca war auch für uns, wie für viele andere auch, ein Highlight unserer Zeit in Pucón. Finanziell war es lohnenswert, ohne Tour hochzusteigen und wir genossen die Freiheit, selber über Tempo und Pausen entscheiden zu können. Aber gut gibt es viele zuverlässige Anbieter vor Ort, den für viele Besucher vor Ort ist die Besteigung der erste Kontakt mit Steigeisen und co. Froh darüber, die Chance am Schopf gepackt zu haben sind wir einige Wochen später. Der Zustieg wird verboten, da die Aktivität des Berges zunimmt. Man darf nicht mehr bis zum Gipfel und wer weiss, wie lange diese Restriktion bleibt, beim letzten Mal waren es 6 Monate...