Iranische Gastfreundschaft

Wie wir mit offenen Armen empfangen wurden, Türen zu Haus und Leuten geöffnet wurden, aus der Patsche befreit wurden und als Fremde wie Freunde aufgenommen wurden. Ein kleines grosses Dankeschön!

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Dieser letzte Post drängt sich auf nach unserer Reise durch den Iran. Einer, der sich um all die Menschen dreht, denen wir kurz oder länger begegnet sind unterwegs und die diesen Abschnitt der Reise besonders geprägt haben. Einer, indem wir versuchen, unseren Dank zum Ausdruck zu bringen über all die Herzlichkeit, die uns begegnet ist.

Wir durften bereits in den vorherigen Ländern stets viel Goodwill und Unterstützung von der Bevölkerung erfahren und erlebten fast immer eine grosse Offenheit uns gegenüber. Wer auch schon Reiseberichte über den Iran gelesen hat, wird jedoch wissen, dass die dortige Gastfreundschaft immer besonders hervorgehoben wird. Was dies wirklich bedeutet, durften wir am eigenen Leib erfahren.

Die iranische Gastfreundschaft beginnt eigentlich bereits, bevor wir den ersten Fuss ins Land gesetzt haben. Durch Kontakte aus der Schweiz von ausgewanderten Iranern hatten wir bereits Einladungen derer Verwandten erhalten, welche noch im Heimatland zuhause sind. Aber auch ein kurzer Schwatz am Strassenrand, ein ratloses Herumstehen in einem Dorf oder ein Warten an der roten Ampel kann zu einer Einladung führen. Die Sprachbarriere bildet dabei kein Hindernis, Hände und Füsse oder Google translate helfen, dass die Botschaft trotzdem ankommt. Wir merken schnell, die Neugier ist viel grösser als die Sprachbarriere und dies nehmen wir auch mit für uns. Wie schade, wenn wir uns dadurch einschränken lassen und spannende Begegnungen verpassen.

Bei diesen Begegnungen ist es äusserst hilfreich, über den sogenannten "Taruf" informiert zu sein, eine typisch persische Höflichkeitsregel. Für uns zu Beginn etwas gewöhnungsbedürftig, aber man lernt schnell, damit umzugehen. So werden Einladungen oder sonstige Angebote immer zuerst abgelehnt. Dann wird das Anliegen nochmals ausgesprochen und man lehnt erneut dankend ab. Erst wenn die Einladung/das Angebot ein drittes Mal ausgesprochen wird, darf es dankend angenommen werden. Nimmt man das Angebot beim ersten Mal an, gilt dies als unhöflich. Zum Beispiel wurden wir im Taxi, im Restaurant, auf dem Markt usw. scheinbar eingeladen, wobei dann bei einmaligem Nachfragen das Geld immer angenommen wurde. Es hätte uns schon gereizt, einmal den verdutzen Blick eines Taxifahrers zu sehen, wenn wir sein Angebot einfach angenommen hätten, haben es aber natürlich nie gemacht.

Ein weiteres Merkmal der iranischen Gastfreundschaft: Geht nicht, gibt's nicht. Eine Lösung wird immer gefunden, auch wenn dafür noch mehr Leute mit einbezogen werden müssen, ein Telefonat notwendig ist oder Google durchforstet wird. Wenn wir nach einem Ort fragen, wird uns nicht einfach der Weg erklärt, sondern wir werden direkt dorthin begleitet (auch wenn sie dabei im Schritttempo mit dem Auto vor uns herfahren müssen) und die nächste Ansprechperson wird informiert über unser Anliegen. Wir glauben, uns wäre eine ganze Reise organisiert worden, wenn wir dies denn gewollt hätten. Unterwegs werden uns Köstlichkeiten zugesteckt und regelmässig machen wir Pausen, weil wir zum Picknick oder Tee eingeladen werden.

Eigentlich täglich werden wir zu Leuten nach Hause eingeladen. Nirgendwo war es bis anhin einfacher, einen Blick hinter die Kulissen zu erhaschen. Ruckzuck sitzt man mit der ganzen Familie "am Tisch", was im Iran normalerweise ein wunderschöner Teppich ist. Es wird Tee serviert und lokale Köstlichkeiten bis hin zu leckeren Menus. Das beste Essen findet man im Iran bei den Menschen Zuhause. Meist über mehrere Stunden werden die Speisen vorbereitet und vieles in Handarbeit zubereitet aus lokalen Produkten. Ohne Reis geht nichts, dazu häufig Fleischgerichte, Gemüse und lokale Köstlichkeiten wie Kräuter, welche in der Umgebung, meist am Strassenrand, gesammelt werden. Wenn es etwas vom Grill gibt, dann mit 99% Sicherheit Kebab, Fleischspiesse mit Hackfleisch, Poulet oder Innereien. Sowieso scheint Kebab ein wahrer Nationalstolz zu sein. Oftmals wirken wir ein bisschen steif neben den fitten Grosseltern, welche ohne Probleme im Schneidersitz am Boden Platz nehmen und locker wieder aufstehen. Die tägliche Übung, wir sind beeindruckt. Später wird der "Tisch" wieder abgebaut und die Matten zum schlafen werden ausgerollt. Häufig bestehen die Häuser nur aus ein bis zwei Räumen und einer Küche. In diesen Räumen findet das ganze Leben statt, hauptsächlich am Boden. Stühle, Tische oder Sofas haben wir bei etwas besser betuchten Familien gesehen, aber auch dort waren sie mehrheitlich dekorativ.

Es bleibt aber nicht beim Essen. Während dieser Besuche lernen wir typische Instrumente des Landes kennen, entdecken dabei Ähnlichkeiten zu den traditionellen Instrumenten der Schweiz. Wir dürfen unser musikalische Talent unter Beweis stellen (mehr schlecht als recht) und den gekonnten musikalischen Klängen der Gastgeber lauschen, manchmal einer ganzen Familien-Band. Wir werden in traditionelle Kleider gesteckt und mit der ganzen Familie zum Fotoshooting gebeten. Wir werden zu den naheliegenden Attraktionen gefahren, wo natürlich auch immer ausreichend Fotos geschossen werden müssen. Wir werden durch traditionelle Bazare geführt, fahren auf Pedalos auf dem Stadttümpel, besuchen touristische Attraktionen und vieles mehr. Meist bleibt einem nicht viel anderes übrig, als mit dem Flow zu gehen, wie man heutzutage so sagen würde. Denn häufig wissen wir nicht Bescheid, wie das Programm, welches anscheinend schon geplant wurde für uns, nun aussieht. Teilweise wird kein Aufwand gescheut, so dass z.B. extra der Deutschlehrer unserer Gastgeberin mitkommt auf den Ausflug, damit er uns übersetzen kann. Wir staunen und sind häufig etwas beschämt über den riesigen Aufwand, welcher extra für uns betrieben wird. Mehrmals verbringen wir mehrere Tage bei einer Familie und dürfen so noch mehr eintauchen in den Familienalltag. Erleben Grillfeste im Garten der Familie, dürfen auf den eigenen Pferden reiten und und und. Irgendwann folgt der Abschied, wobei unsere Weiterreise stehts sichergestellt wird, was bedeutet, dass die Route besprochen wird, Bustickets organisiert oder Hotels gebucht werden in der nächsten Stadt. Häufig macht es die Dinge einfacher, wenn ein Einheimischer die Organisation übernimmt und wir sind dankbar für die Unterstützung.

Die Liste mit den Begegnungen scheint schier endlos und wenn wir darüber nachdenken, tauchen immer noch neue Erinnerungen auf, welche unsere Reise bereichert haben. Manche sind lustig oder ein bisschen skurril, aber nie unangenehm. Wir staunen über den Mut der Menschen, Fremde so ohne Bedenken bei sich Zuhause aufzunehmen und schneiden uns eine Scheibe davon ab. In unseren Augen ist es unumstritten, dass bei einer Reise durch den Iran die Begegnungen mit den Menschen einen wesentlichen Unterschied machen. Politik und Gesellschaft, dass sind zwei verschiedene Paar Schuhe in diesem Fall. Für uns fühlte es sich an wie zwei Parallelwelten, die irgendwie nebeneinander existieren, aber wenig gemeinsam haben. Die Vorstellungen und Umsetzungen der Anliegen der jeweiligen Fronten klaffen meilenweit auseinander und die Gesellschaft fühlt sich häufig von der Politik überhaupt nicht vertreten, so jedenfalls unser Eindruck aus den Gesprächen und Begegnungen.

So danken wir all unseren neu gewonnen iranischen Freunden für ihre Offenheit und Gastfreundschaft, die uns tatsächlich umgehauen hat. Wir sind dankbar für all die Hilfe im Kleinen und Grossen, dass wir immer auf die Leute zählen konnten wenn wir nicht weiter wussten und hoffen nur das Beste für die Menschen in diesem Land. Merci!

Kleiner Spoiler für die, die nicht so genau wissen, wies nun weitergeht. Wir verweilen nun für einen Monat in die Schweiz, bevor wir weitere Reiseabenteuer sammeln dürfen, nun aber auf einem andern Kontinent und mit anderen Fortbewegungsmitteln. Stay tuned!