Kurdistan zum Dritten

Bereits wenige Kilometer nach der Grenze machen wir erste Bekanntschaft mit der iranischen Gastfreundschaft, welche uns von nun an begleitet.

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Da ist sie nun also, die letzte Grenze, die wir mit unseren Fahrräder überqueren werden. Doch für solche Gedanken bleibt uns kaum Zeit, denn es ist auch die Grenze mit den meisten Formalitäten. Bereits im Vorfeld hatten wir das Visum beantragt und erhalten. Trotzdem dürfen wir uns an diversen Schaltern anstellen, um die erforderlichen Stempel zu sammeln. Zum Glück ist alles da, inklusive negativem PCR Test. Hoffentlich werden wir davon in Zukunft nicht mehr allzu viele brauchen. Nachdem dies erledigt ist, stellen wir uns erneut an, diesmal um unser Gepäck kontrollieren zu lassen. Dies geht schneller als erwartet, da die Grenzbeamten es bei zwei zufällig ausgewählten Taschen belassen. Man wird dabei das Gefühl nicht ganz los, dass sie es vor allem auch spannend fanden zu sehen, was wir wohl so dabei haben auf unseren Fahrrädern. Ein paar Meter weiter erwartet uns erneut eine Schlange, denn nun geht es zum eigentlichen Grenzübertritt. Dabei sorgen unsere Pässe für etwas Verwirrung, denn auch wenn die Schweiz den meisten Iranern ein Begriff ist, kann dies von unsern Pässen leider nicht behauptet werden. Nach einigem hin und her ist dann aber alles in Ordnung und wir glauben schon, die Formalitäten hinter uns zu haben. Doch ganz so einfach ist es dann doch nicht. Wir werden in ein Zimmer geführt, wo wir während mehr als dreissig Minuten von einem Polizisten ausgefragt werden. Dabei schwankt das Gespräch zwischen Plauderei, Tourismus Infos und Verhör. Dann ist es aber endlich geschafft und wir sind im Iran.

Wir nehmen die ersten Meter auf iranischem Boden unter die Räder und fahren einem See entlang in Richtung Marivan. Aber eigentlich hat sich gar nicht so viel verändert. Die Landschaft ist dieselbe, wir befinden uns immer noch in Kurdistan - so heisst die iranische Provinz hier - und auch der Ramadan ist noch nicht vorbei. Dennoch gilt es, wie nach jedem Grenzübertritt, die Gepflogenheiten und Herangehensweisen des neuen Landes zu erlernen. Für einmal wird uns dies so richtig einfach gemacht. Denn als wir beim Hotel ankommen, welches wir uns für die erste Nacht herausgesucht haben, werden wir von einem Iraner angesprochen. Er selbst spricht kein Englisch, aber schnell hat er einen Freund am Telefon, welcher aushilft. Diese Begegnung stellt sich als besonders hilfreich heraus, da alle Hotels in der Stadt ausgebucht sind. Das Ende des Ramadans steht bevor und so sind viele aus den Grossstädten zu ihren Familien gereist um dieses Fest gemeinsam zu begehen.
Der Freund am Telefon vermittelt uns aber die Wohnung, welche über jener seiner Eltern liegt. Wir sind super dankbar und werden dahin eskortiert. Da angekommen laden wir alles ab und werden gleich wieder mitgenommen. Mit dem Auto geht es zuerst zum Geld wechseln, denn im Iran funktionieren nur einheimische Kreditkarten und so muss alles bar in Dollar mitgebracht werden. Danach bringt er uns gleich noch zu einem Geschäft, wo wir eine SIM Karte erstehen. Dies erweist sich als äusserst praktisch, denn stabile WiFi Verbindungen gibt es hier nur sehr spärlich. So eingedeckt gönnen wir uns erst einmal eine Pause in unserer ruhigen Unterkunft.

Dies ist auch wichtig, denn uns geht es gesundheitlich nicht sonderlich gut. Zwar geht es Sara seit jener Nacht im Irak wieder besser, dafür wird Beni nun von Durchfall geplagt. Daher entscheiden wir uns, gleich ein paar Tage hier zu bleiben, um dann gestärkt die Weiterreise anzutreten. Am nächsten Tag kommt dann auch jener Freund am Telefon nach Marivan zur Familie und so werden wir einen Stock tiefer zu unserem ersten iranischen Essen eingeladen. Danach nimmt er uns mit, um uns mit seinen Freunden die Sehenswürdigkeiten zu zeigen. Wir fahren auf den nahegelegenen Berg und zur Promenade am See.

Trotz dieser ruhigen Tage geht es Beni nicht besser. Als wir dann wieder weiterfahren wollen, müssen wir bereits nach wenigen Metern abbrechen, da es ihm schwarz vor den Augen wird und ihm die Kraft fehlt. Etwas ratlos stehen wir nun da und überlegen, was wir nun machen sollen. Nach einigem hin und her beschliessen wir, das örtliche Krankenhaus aufzusuchen. Da angekommen müssen wir zuerst einmal bezahlen, damit wir überhaupt auf die Warteliste kommen. Dann heisst es warten, bis wir an der Reihe sind. Als wir aufgerufen werden, geht es zum Arzt, welcher nach 3 Fragen ein Rezept ausstellt. Anders, als wir uns dies gewöhnt sind, müssen im Iran sämtliche Mittel zur Behandlung selbst gekauft werden. So zieht Sara also los, um in der nahegelegenen Apotheke die Infusion und Antibiotika zu besorgen, welche dann im Spital verabreicht werden. Nach rund einer Stunde ist der ganze Spuk vorbei und wir stehen wieder draussen. Ganze drei Franken hat uns dieser Besuch gekostet.

Im Wartezimmer des Spitals.

Wir stehen immer noch vor dem Spital als wir von einem freundlichen Mann angesprochen werden. Nach ein paar gewechselten Worten lädt er uns zu sich nach Hause ein. Glücklicherweise liegt dieses auf unserer Route und ist nur 10km entfernt. So nehmen wir die Einladung dankend an und folgen ihm durch den Verkehr. Bei ihm zuhause angekommen wird uns ein eigener Raum zugewiesen, wo wir uns zuerst einmal ausruhen dürfen. Diese umsichtige Gastfreundschaft schätzen wir in unserem Zustand gleich doppelt. So ausgeruht lernen wir dann die ganze Familie kennen. Wir spielen mit den Kindern, werden bekocht und da am nächsten Tag das Ende des Ramadans bevorsteht, beschliessen wir gleich zwei Nächte zu bleiben.

Trotz diesen Startschwierigkeiten sind wir überwältigt von diesem Land, vor allem der unglaublichen Gastfreundschaft seiner Bewohner und sind gespannt, was uns noch erwartet.